Von L.A. nach Berlin: Marisa Mandler in der Galerie Wohnmaschine in Berlin

Erschienen auf www.artandevents.mediaquell.com 2009


Die junge, aus L.A. stammende Künstlerin Marisa Mandler stellt noch bis zum 19. Dezember 2009 erstmals in einer Einzelausstellung mit dem Titel „Dear Orpheus“ in der Galerie Wohnmaschine aus. Art and Events-Autorin Katia Hermann hat Marisa Mandler zu einem Gespräch getroffen.

Die Galerie präsentiert zwei Arbeiten, das Werk The Moment Between und February 26 von 2009. Es handelt sich beim ersten um eine menschengroße Installation im Raum, die aus mehreren dünnen Membranen und weißer Keramik angefertigt wurde. Diese lehnen an der Wand, biegen sich zu ihr mit einer Oberfläche, die hauchdünn, teilweise brüchig und lichtdurchlässig ist. Das Werk erweckt das Gefühl eines Schwebezustandes, fragil und verletzbar überrascht die Installation als standfest.

Die Künstlerin Marisa Mandler setzt sich hier mit einem ganz bestimmten Moment der mythologischen Geschichte von Orpheus auseinander: Der Augenblick kurz bevor Orpheus sich nach seiner Braut umschaut, in dem alles in der Schwebe, aber alles noch zu retten ist – ein Moment des Umbruchs, in dem ein erfülltes Leben oder auch der Beginn des Untergangs für Orpheus möglich sein wird. Dieser Spannung des Moments und dessen Energie, die in wenigen Sekunden enthalten sind, versucht Mandler durch ihr Werk The Moment Between auf eine poetische Art Gestalt zu geben.

Für die Zeichnung February 26 hat die junge Künstlerin einen vollen Tag lang 26 Sekunden lange Tonsequenzen aus ihrem Alltag aufgenommen. Der Berliner Straßenlärm oder Gespräche der Kunden im Café wurden als Audiodatei mit Hilfe eines Musikprogramms in eine grafische Darstellung am Computer in Amplituden umgewandelt, anschließend auf Papier projiziert und in eine filigrane Tuschezeichnung durch Mandler umgesetzt. Die zarten Linien zeigen Variationen von Lärm und Stille, die Resonanz und Schwingungen von Ereignissen, die wie eine Aufnahme deren Intensität wirken. Wie für The Moment Between hat Marisa Mandler auch hier das Ereignis poetisch umsetzten können.

Art and Events-Autorin Katia Hermann traf Marisa in einem Café in Berlin-Kreuzberg für ein Gespräch am 8.12.2009.

INTERVIEW

Marisa, seit wann lebst Du in Berlin?

Ich bin nach meinem Abschluss 2008 angekommen. Ich kam aus Neugierde und dem Bedürfnis L.A, aus persönlichen Gründen zu verlassen. Mein Bekannter, der Fotograf Charly White, gab mir die Nummer von Friedrich Loock von der Galerie Wohnmaschine in Berlin , ich rief ihn an, wir trafen uns und er half mir, mich hier zurecht zu finden. Später beantragten wir das Stipendium des Willert-Studioprogramms Berlins und nun stelle ich bei der Wohnmaschine aus.

Welchen Eindruck hast Du von Berlin?

Es ist eine unglaublich offene Stadt. Sie hat mich toll empfangen und ich fühle mich hier so frei wie noch nie zuvor.

Dear Orpheus ist deine erste Ausstellung in Europa. Der Titel weist auf die berühmte Mythologie des Orpheus hin. Inwiefern wird deine Arbeit durch Literatur beeinflusst?

Ich lese gerne mythogische Sagen aber auch gerne Theaterstücke.
Ich interessiere mich für die narrative Struktur und dessen De- und Rekontextualisierung. Ich bin sehr prozessorientiert und beobachte gerne Veränderungen. Erfahrungen, die in einem bestimmten Kontext existieren um anschließend in anderen Kontexten weiterzuleben und einen anderen Sinn erhalten. Das versuche ich in meinen Werken zu verarbeiten.

Deine Arbeit February 26th verarbeitet zeichnerisch den Ton, inwiefern bist Du an Ton interessiert ? Inwiefern spielt Zeichnung in deinen Arbeiten eine Rolle?

Ton ist für mich Resonanz. Die Idee von Schwingungen und Wellen, die unseren menschlichen Sinnen überlegen sind, weil sie zeitlich andauern, wenn sie für uns gar nicht mehr wahrnehmbar sind, fasziniert mich. Sie umgeben und beeinflussen unser Leben, auch wenn wir sie gar nicht bewusst wahrnehmen.
Ich habe Malerei studiert und schon früh viel gezeichnet. Auch wenn ich konzeptuell arbeite, wie für meine Installationen, brauche ich den körperlichen Einsatz und würde ungern herstellen lassen. Der Prozess interessiert mich und auch der meiner physischen Implikation für die Herstellung meiner Arbeiten.

Marisa, Du gehst 2010 in die USA zurück für ein „artist in residence“ an der Skowhegan School of painting and Drawing in Maine, verlässt Du Berlin?

Nein, ich gehe nur für den Sommer 2010, ich möchte auf keinen Fall Berlin verlassen. Es geschehen so tolle Dinge hier für mich, auf der persönlichen und der professionellen Ebene. Ich muss nur noch einen Job finden, dann ist alles super. Ich würde gerne wieder lehren, mal schauen. Erstmal werde ich Deutschunterricht nehmen.

Marisa Mandler (*1980 in Los Angeles) hat an der New York University in New York und an der University of Southern California in Los Angeles Kunst studiert, wo sie 2008 ihren Master in Fine Arts absolviert hat. 2010 ist sie „artist in residence“ an der Skowhegan School of Painting and Drawing in Maine, USA.